Ahoi Kreislaufwirtschaft!

Foto: Getty Images / Allsport UK/ALLSPORT

March 18, 2025

Ahoi Kreislaufwirtschaft!

Wie die Segelweltmeisterin Ellen MacArthur zur Vordenkerin der Circular Economy wurde.

In 80 Tagen um die Welt? Über solche großspurigen Ankündigungen aus vergangenen Zeiten kann Ellen MacArthur wahrscheinlich nur schmunzeln. Für ihre Weltumsegelung benötigte sie gerade einmal 71 Tage. Damit stellte die Britin 2004 den bis heute ungebrochenen Weltrekord im Einhandsegeln auf. Allein steuerte sie ihren Trimaran über die Meere. Auf der ereignisreichen Reise entging die damals 28-Jährige nur knapp einer Kollision mit einem Wal, erlitt Verbrennungen am Arm und Verletzungen durch Reparaturversuche am Mast. Stürme und Eisberge machten ihr ebenso zu schaffen wie Flauten und technische Pannen.

Boot mit begrenzten Ressourcen

In den Wochen allein auf See hatte MacArthur viel Zeit, über grundlegende Dinge und die Zerbrechlichkeit von Systemen nachzudenken. Ihr Boot war ihre Welt, schließlich hing ihr Überleben von den wenigen Lebensmitteln, dem Treibstoff und anderen Vorräten ab, die sie mitgebracht hatte. „Als ich nach der Weltumsegelung wieder festen Boden unter den Füßen hatte, hat sich mein Blick auf die Erde völlig verändert. Mir wurde bewusst, dass auch unser Planet, genau wie mein Boot, nur begrenzte Ressourcen hat: Erdöl, Metalle, seltene Erden - unsere globalisierte Wirtschaft geht alles andere als sorgsam mit den Rohstoffen um“, sagt sie.

Wofür überhaupt die Energie produzieren?

Für sie Grund genug, sich ganz dem Thema „Kreislaufwirtschaft“ zu verschreiben. Sechs Jahre nach ihrer lebensverändernden Weltumsegelung gründete MacArthur die nach ihr benannte Stiftung.  Die Ellen MacArthur Foundation (EMAF) ist heute einer der wichtigsten Think Tanks zum Thema „Circular Economy“. Ein zentraler Grundgedanke in den Überlegungen der EMAF: Wir konzentrieren uns viel zu sehr auf das Thema Energiewende und den Umstieg auf erneuerbare Energien, „dabei müssen wir uns dringend damit beschäftigen, wie wir das System gestalten, wie wir produzieren und konsumieren“, sagt Miranda Schnitger,  bei der EMAF für Klimafragen zuständig, auf dem Weltklimagipfel COP27 im Jahr 2022.Kurz gesagt: Wenn wir die Nachfrageseite besser im Blick hätten und von vornherein sinnvoller und zirkulärer wirtschaften würden, müsste viel weniger Energie erzeugt werden. 45 Prozent der Emissionen gehen auf das Konto heutiger Produktions- und Konsummuster.

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Konzern an Bord, Leinen los!

Für Welt-Champion MacArthur waren die Türen der Konzernchefs nicht allzu schwer zu öffnen, schnell waren große Unternehmen mit Kreislaufinitiativen an Bord. Philipps kündigte an, medizinische Geräte wie Kernspintomographen zurückzunehmen, zu zerlegen und zu recyceln. Renault setzte die Idee der Kreislaufwirtschaft bei Motoren und Getriebegehäusen um und begann, Leihbatterien in seine Autos einzubauen. In der Modebranche entwickelte die EMAF mit Branchengrößen wie Zalando oder H&M Recyclingsysteme und erarbeitete eine Richtlinie für die Jeansproduktion, die auf den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft basiert und auch auf bessere Arbeitsbedingungen für Textilarbeiter abzielte – zumindest ein Anfang, um künftig auch Mega-Konzerne zum Umdenken zu bewegen.

Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, hat sich mein Blick auf die Erde völlig verändert. Wie auf dem Boot sind auch die Ressourcen unserer Erde begrenzt.

Ellen MacArthur

Foto: Getty Images / Samir Hussein

Mehr Plastik als zuvor

Vieles konnte Ellen MacArthur mit ihrer Stiftung erreichen, an manchen Stellen ist die Bilanz durchwachsen: 2018 rief die Foundation in Zusammenarbeit mit dem UN-Umweltprogramm das „Global Commitment“ ins Leben, um mehr als 500 Organisationen auf der ganzen Welt mit einer gemeinsamen Vision für die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe zu vereinen. Laut Fortschrittsbericht 2022 werden wohl einige wichtige Ziele für 2025 verfehlt werden, vor allem das Ziel, 100 Prozent wiederverwendbare, recycelbare oder kompostierbare Kunststoffverpackungen zu erreichen. „Anstatt die Krise der Plastikverschmutzung anzugehen, haben große Marken wie Coca-Cola, PepsiCo und Mars die Menge an Plastik, die sie produzieren, sogar noch erhöht, seit das EMAF-Global Commitment ins Leben gerufen wurde“, analysierte Greenpeace. Ohne Gesetze werde es nicht gehen. Das sagt auch die Stiftung. Die Regierungen müssten „Maßnahmen ergreifen, um den Fortschritt zu beschleunigen und ein rechtsverbindliches Instrument zur Bekämpfung der Kunststoffverschmutzung zu fördern.“ Oder, um in Seemannssprache zu bleiben, gilt in Sachen Kreislaufwirtschaft die Devise: Rasch handeln, Ruder rumreißen.

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